Kunstforum zu 80 Jahren Kriegsende
am 8. Mai 2025 im HeinrichNeuyBauhausMuseum
„Friede fordert praktische und reine Vernunft”, so das titelgebende Werk der aktuellen Ausstellung im HeinrichNeuyBauhausMuseum in Borghorst. Die vom HeinrichNeuyBauhausMuseum e.V. kuratierte Auswahl an Bildern zeigt uns verschiedene Zugänge zum Frieden und gibt diesen Zugängen einen künstlerischen Ausdruck. Die Werke können aber auch selbst als künstlerisches Nachforschen des Friedens verstanden werden.
Beim Kunstforum zu 80 Jahren Kriegsende am 8. Mai 2025 bringen wir verschiedene junge Positionen ins Gespräch mit den Werken Neuys und forschen den Zugängen nach, die die Sinnvarianten des Friedensbegriffs anklingen lassen.
Was macht eine harmonische Gesellschaft aus? Wie können wir unser Zusammenleben „harmonisch gestalten“, welche Aushandlungs- und Kommunikationsprozesse stehen hinter dem, was wir als gelingendes Zusammenleben und auch als „Frieden“ bezeichnen?
Sierra Louise Diamond (*1995 in Seattle, USA) und Leya Christin Wüllner (*1999 in Recklinghausen) arbeiten gemeinsam unter dem Namen 5PferdeStark. Seit 2023 erforschen sie spielerisch die Prozesse und Dynamiken der gemeinsamen Schöpfung und der kooperativen Raumgestaltung zwischen Individuen durch die Bildung einer einzigartigen visuellen Form im Rahmen von Performances sowie Druckgrafiken. Beide studieren seit 2020 in der Klasse für Performative Kunst an der Kunstakademie Münster, geleitet von Prof. Nicoline van Harskamp.
i wish this never ends (but it’s straining and i need rest) ist eine Ausdauer-Performance und Installation von Sierra Louise Diamond und Leya Christin Wüllner, die spielerisch die Prozesse und Dynamiken der gemeinsamen Schöpfung und der kooperativen Raumgestaltung zwischen Individuen durch die Bildung einer einzigartigen visuellen Form erforscht.
Katastrophen und Erfahrungen des Leids können Friedensstreben in uns auslösen. An seinen Tschernobyl-Bildern und hier im „erregenden Geschehen“ gibt uns Neuy Beispiele dafür, wie gesellschaftlichen Ereignissen und Zusammenhängen ein (ordnender) Ausdruck gegeben werden kann.
Benjamin Pfordt (*1992) studierte Lehramt, Orgel und Komposition in Münster, Osnabrück und Nijmegen. Er ist Lehrer, Kirchenmusiker und Lehrbeauftragter für Religionspädagogik. Für seine Kompositionen erhielt er mehrere Auszeichnungen. Sein Kompositionsdebüt war die Aufführung der grotesken Oper „Aufzeichnungen eines Wahnsinnigen“, in Steinfurt debütierte er 2023 mit der Jazzmesse „Missa 1648“ zu 375 Jahren Westfälischer Frieden. Er komponiert u.a. Filmmusik für Stummfilme und organisiert regelmäßig Konzerte.
Cristian Santiago Caicedo Ramirez (*1998 in Kolumbien) begann seine klassische Ausbildung an der Robert Schumann Hochschule für Musik in Düsseldorf in der Klasse von Prof. Ludwig Grabmeier. Bereits früh wurde sein außergewöhnliches stimmliches und musikalisches Potenzial erkannt, was ihm 2016 und 2017 ein Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) einbrachte.
Sein Studium setzte er an der Musikhochschule in Münster bei Thomas Mayr fort, wo er 2022 seinen Master of Music erfolgreich abschloss. Seitdem vertieft er seine Gesangsstudien bei Ludger Breimann. Wesentliche Impulse für seine künstlerische Entwicklung erhielt er außerdem durch Meisterkurse bei renommierten Sängerpersönlichkeiten wie Christa Ludwig, Edda Moser, Robert Holl, Marga Schiml und Christoph Prégardien. 2018 wurde er mit dem 1. Preis des Fördervereins der Musikhochschule Münster im Rahmen des Gesangswettbewerbs „Stimme plus“ ausgezeichnet. Ein ProTalent-Stipendium der WWU Münster im Rahmen des Deutschlandstipendiums wurde ihm von 2018 bis 2021 gewährt. Von 2021 bis 2023 erhielt er zudem ein Stipendium der Stiftung für Musik und Gesang – Surmund-Tremmel-Stiftung. Seit 2015 trat er in zahlreichen Solo-Liederabenden und Konzerten in Deutschland. Internationale Auftritte führten ihn nach Mexiko,
Kolumbien, Österreich und in die Schweiz.
Zu allen Zeiten waren Kunst und Kultur auch Methoden um mit Leid und Schicksalsschlägen umzugehen, diese zu verarbeiten und in andere konstruktive Bezüge zu setzen. Mit Ihrer Liedauswahl greifen der Tenor Cristian Ramirez und Benjamin Pfordt dies auf. Der Titel des Beitrages „Wer aber den Frieden will, der rede vom Krieg“ stammt vom Philosophen Walter Benjamin (1892-1940). In Kontrast zum antiken Sprichwort „Wer den Frieden will, der bereite den Krieg“ fordert Benjamin eine Identifikation mit den Leidenden.
Für das Kunstforum haben sie die folgenden Titel gewählt. Benjamin Pfordt führt durch das Programm. Hier finden Sie die Texte der Lieder.
Text: Ludwig Rellstab (1799-1860)
Rauschender Strom,
Brausender Wald,
Starrender Fels
Mein Aufenthalt.
Wie sich die Welle
An Welle reiht,
Fließen die Thränen
Mir ewig erneut.
Hoch in den Kronen
Wogend sich’s regt,
So unaufhörlich
Mein Herze schlägt.
Und wie des Felsen
Uraltes Erz,
Ewig derselbe
Bleibet mein Schmerz.
Rauschender Strom,
Brausender Wald,
Starrender Fels
Mein Aufenthalt.
Text nach Johannes Werlin 1588-1666
Es geht ein dunkle Wolk’ herein,
Mich dünkt, es wird ein Regen sein,
Ein Regen aus den Wolken,
Wohl in das grüne Gras.
Und kommst du, liebe Sonn, nit bald,
So weset alls im dunklen Wald,
Und all die müden Blumen,
Die leiden bittren Tod.
Text nach Paul Verlaine (1844-1896)
Ein schwarzer düst’rer Traum
legt sich auf mein Leben;
Alles wird zu Raum,
alles wird entschweben.
Text: Ludwig Rellstab (1799-1860)
In tiefer Ruh liegt um mich her
Der Waffenbrüder Kreis;
Mir ist das Herz so bang und schwer,
Von Sehnsucht mir so heiß.
Wie hab ich oft so süß geruht
An ihrem Busen warm,
Wie freundlich schien des Herdes Glut,
Lag sie in meinem Arm.
Hier, wo der Flammen düst’rer Schein
Ach nur auf Waffen spielt,
Hier fühlt die Brust sich ganz allein,
Der Wehmut Träne quillt.
Herz! daß der Trost dich nicht verläßt!
Er ruft noch manche Schlacht.
Bald ruh ich wohl und schlafe fest,
Herzliebste – gute Nacht!
(Text: Heinrich Heine)
Nach Frankreich zogen zwei Grenadier’,
Die waren in Russland gefangen.
Und als sie kamen ins deutsche Quartier,
Sie liessen die Köpfe hangen.
Da hörten sie beide die traurige Mär:
Dass Frankreich verloren gegangen,
Besiegt und geschlagen das tapfere Heer—
Und der Kaiser, der Kaiser gefangen.
Da weinten zusammen die Grenadier’
Wohl ob der kläglichen Kunde.
Der eine sprach: „Wie weh wird mir,
Wie brennt meine alte Wunde!“
Der andre sprach: „Das Lied ist aus,
Auch ich möcht mit dir sterben,
Doch hab’ ich Weib und Kind zu Haus,
Die ohne mich verderben.“
„Was schert mich Weib, was schert mich Kind,
Ich trage weit bess’res Verlangen;
Lass sie betteln gehn, wenn sie hungrig sind—
Mein Kaiser, mein Kaiser gefangen!
„Gewähr mir, Bruder, eine Bitt’:
Wenn ich jetzt sterben werde,
So nimm meine Leiche nach Frankreich mit,
Begrab mich in Frankreichs Erde.
„Das Ehrenkreuz am roten Band
Sollst du aufs Herz mir legen;
Die Flinte gib mir in die Hand,
Und gürt mir um den Degen.
„So will ich liegen und horchen still,
Wie eine Schildwach, im Grabe,
Bis einst ich höre Kanonengebrüll
Und wiehernder Rosse Getrabe.
„Dann reitet mein Kaiser wohl über mein Grab,
Viel Schwerter klirren und blitzen;
Dann steig ich gewaffnet hervor aus dem Grab—
Den Kaiser, den Kaiser zu schützen!“
Text: Joseph Freiherr von Eichendorff (1788-1857)
Eingeschlafen auf der Lauer
Oben ist der alte Ritter;
Drüben gehen Regenschauer,
Und der Wald rauscht durch das Gitter.
Eingewachsen Bart und Haare,
Und versteinert Brust und Krause,
Sitzt er viele hundert Jahre
Oben in der stillen Klause.
Draußen ist es still und friedlich,
Alle sind in’s Tal gezogen,
Waldesvögel einsam singen
In den leeren Fensterbogen.
Eine Hochzeit fährt da unten
Auf dem Rhein im Sonnenscheine,
Musikanten spielen munter,
Und die schöne Braut, die weinet.
Text: Christoph August Tiedge (1752-1841)
Ob ein Gott sei? Ob er einst erfülle,
Was die Sehnsucht weinend sich verspricht?
Ob, vor irgend einem Weltgericht,
Sich dies rätselhafte Sein enthülle?
Hoffen soll der Mensch! Er frage nicht!
Die du so gern in heil’gen Nächten feierst
Und sanft und weich den Gram verschleierst,
Der eine zarte Seele quält,
O Hoffnung! Lass, durch dich emporgehoben,
Den Dulder ahnen, dass dort oben
Ein Engel seine Tränen zählt!
Wenn, längst verhallt, geliebte Stimmen schweigen;
Wenn unter ausgestorbnen Zweigen
Verödet die Erinnerung sitzt:
Dann nahe dich, wo dein Verlassner trauert,
Und, von der Mitternacht umschauert,
Sich auf versunkne Urnen stützt.
Und blickt er auf, das Schicksal anzuklagen,
Wenn scheidend über seinen Tagen
Die letzten Strahlen untergehn:
Dann lass ihn, um den Rand des Erdentraumes,
Das Leuchten eines Wolkensaumes
Von einer nahen Sonne sehn!
Welche charakterlichen Eigenschaften brauchen Menschen mit gesellschaftlicher Verantwortung? Neuys Charakterbilder können uns darüber ins denken bringen. Auch geben sie uns eine Idee von der inneren Haltung, die wir benötigen, um den Frieden zu wahren.
Vortrag von Marina Cretu für den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge
Marina Cretu (*1990) studierte Erziehungswissenschaften in der Republik Moldau und European Studies an der Universität Leipzig.
Seit 2011 ehrenamtlich beim Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. als Teilnehmerin und Jugendleitung in internationalen Jugendbegegnungen für Friedensarbeit- und Pädagogik engagiert. Seit 2022 Beisitzerin im Bezirksvorstand des Volksbundes deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. in Münster.
Hauptamtlich im Amt für Familie und Jugend der Stadt Dorsten tätig.
Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. engagiert sich seit 1919 für die Pflege von Kriegsgräberstätten im In- und Ausland und bewahrt das Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. Er versteht sich heute als anerkannter Träger der historisch-politischen Bildung und Friedenspädagogik, insbesondere im Rahmen internationaler Jugendbegegnungen. Durch seine Arbeit fördert der Volksbund eine lebendige Erinnerungskultur, Versöhnung und Verständigung über Ländergrenzen hinweg.
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